«Wir gehen auf Nummer sicher und setzen auf die natürliche Intelligenz.»
Im Interview spricht CFO Yvonne Pusch über den digitalen Wandel und das Risikomanagement der SERV.
Frau Pusch, muss man als Schweizer Exporteur die SERV kennen?
Auf jeden Fall, denn zahlreiche Exportgeschäfte kämen ohne die SERV gar nicht erst zu Stande. Wir kommen dann ins Spiel, wenn die Exporte in eher anspruchsvolle und risikoreichere Märkte gehen – also vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländer – oder wenn das Exportgeschäft eine lange Kreditlaufzeit aufweist. Die Höhe der Versicherungssumme ist sehr unterschiedlich und kann zwischen 10 000 und 200 Millionen Schweizer Franken liegen.
Deckt die SERV auch Geschäfte in Industrieländern?
Bei entsprechend langer Laufzeit schon. Bei klimafreundlichen Projekten darf die Laufzeit gemäss OECD-Richtlinien neuerdings sogar bis zu 22 Jahre betragen. Ein privater Versicherer hat in der Regel kein Interesse, grosse Risiken über einen so langen Zeitraum in seinen Büchern zu halten.
Wie kann die SERV denn sicherstellen, dass bei so grossen Volumina Ausfälle gedeckt werden können?
Das Risikokapital wird mithilfe eines mathematischen Modells berechnet, das die Ausfallwahrscheinlichkeit über alle Versicherungsverträge unter einem Stress-Szenario ermittelt. So stellen wir sicher, dass auch im schlimmsten Fall genügend Kapital zur Verfügung steht, um die Ausfälle zu decken. Der Bundesrat legt einen Verpflichtungsrahmen fest, der das maximale Versicherungsvolumen der SERV definiert. Dieser beträgt zurzeit 14 Milliarden Schweizer Franken. Somit ist auch die maximale Höhe der eingegangenen Risiken limitiert.
Was ist ihr Erfolgsrezept als Finanzchefin und Risikomanagement-Verantwortliche?
Kurz gesagt: Die Definition eines konkreten Ziels, die Wahl eines gemeinsamen effizienten Weges, ein reflektiertes Risikobewusstsein und ein klares Bild über die gemachten Schritte.
Das bedeutet?
Unser gemeinsames Ziel ist klar die Förderung der Schweizer Exportwirtschaft sowie die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen in der Schweiz. Den Weg gehen wir mit einem holistischen Enterprise Risk Management und in enger Zusammenarbeit mit Risiko-Expertinnen und -Experten. Flankiert wird dieser Weg durch den digitalen Wandel in den Bereichen Prozessoptimierung, Daten- und Marktanalysen. Und alles passiert unter der Voraussetzung einer positiven Fehlerkultur – nur so kommen wir gemeinsam erfolgreich vorwärts.
Ist der digitale Wandel zentral für die SERV?
Er unterstützt auf jeden Fall unser Anliegen und hilft der Effizienzsteigerung. Aber beim komplexen Thema Kreditversicherung gehen wir auf Nummer sicher und setzen auch heute noch auf die natürliche Intelligenz. Bei unserem Qualitätsanspruch überlassen wir nichts dem Zufall, umso mehr, wenn es um ein Versicherungsvolumen in Milliardenhöhe geht.
Was ist das Kernstück Ihres Risikomanagements?
Im Zentrum des erfolgreichen Risikomanagements einer Exportkreditversicherung steht der Umgang mit versicherungstechnischen Risiken. Massgebend dafür sind unter anderem die Klassifizierungen von Ratingagenturen oder die Länderklassifizierung der OECD. Bei Geschäften mit ausländischen Bestellern, die von keiner offiziellen Stelle geratet sind, bewerten und klassifizieren wir selbst.
Also wird einiges massgeschneidert?
So ist es. Wir prüfen jede Versicherungspolice eingehend auf ihre Risiken. Bei der SERV gibt es einfach keine Versicherungspolice von der Stange. Das sind wir unseren Versicherungsnehmenden schuldig – und darauf sind wir auch sehr stolz.
