Menu
11.09.2025

Hinter den Kulissen der SERV: Risiken und Schadenfälle

Risiken erkennen und handeln, bevor sie zum Problem werden

Schweizer Exportunternehmen setzen auf die SERV, um sich gegen wirtschaftliche und politische Risiken im Auslandsgeschäft abzusichern. Doch was passiert, wenn ein Schadenfall   eintritt? Welche Risiken stehen im Raum – nicht nur für unsere Versicherungsnehmenden, sondern auch für die SERV selbst? Im Gespräch geben Claudia Oberle, Abteilungsleiterin Schaden und Recovery, und Meike Liatowitsch, Abteilungsleiterin Recht, einen Einblick in die tägliche Arbeit.

«Unser Ziel ist es, Risiken nicht nur abzusichern, sondern auch frühzeitig zu erkennen», stellt Claudia Oberle fest. Risiken können zum Beispiel bei lokalen, regionalen oder auch geopolitischen Verwerfungen oder Gesundheitskrisen wie der Corona-Pandemie entstehen. Dadurch werden Zahlungswege aus dem Ausland erschwert oder gar unmöglich gemacht. Solche Risiken können bei den ausländischen Schuldnern zu Liquiditätsproblemen und schliesslich zu Zahlungsunfähigkeit führen. 

Ein effektives Vorschadenmanagement ist daher essenziell, um Schäden möglichst frühzeitig zu vermeiden. 

Vorschadenmanagement in der SERV

Sobald Umstände eintreten, die das Risiko eines Schadens erhöhen – sogenannte gefahrerhöhende Umstände – müssen Versicherungsnehmende die SERV unverzüglich informieren. Nur so können frühzeitig Massnahmen von der SERV ergriffen werden, um den Eintritt eines Schadenfalls möglichst zu vermeiden. Dazu zählen zum Beispiel Mahnungen und Inkassomassnahmen oder die Kommunikation mit dem Schuldner.

Meike Liatowitsch leitet die Abteilung Recht bei der SERV. Sie erläutert, dass gefahrerhöhende Umstände insbesondere anzunehmen sind, wenn sich der Schuldner mehr als einen Monat in Verzug befindet, oder wenn sonstige Erkenntnisse über eine allgemein verschlechterte Vermögenslage des Schuldners oder eines mithaftenden Dritten – eines Garantiegebers – vorliegen. Andere risikoerhöhende Umstände könnten hinsichtlich der versicherten politischen Risiken oder auch Transferrisiken – also wenn der Zahlungsverkehr beeinträchtigt wird – eintreten.

Wenn es beim Schuldner zu Zahlungsproblemen kommt, ist es sehr wichtig, dass der Versicherungsnehmer den Kontakt zum Schuldner sucht – bei Bedarf unterstützt die SERV dabei. Das sollte geschehen, wenn es zu Zahlungsverzögerungen oder zu anderen negativen Beobachtungen im Verlauf des Versicherungsgeschäftes kommt. Um das genaue Problem zu ermitteln, braucht es das aktive Zutun des Versicherungsnehmenden. An der Problemlösung kann nur gemeinsam gearbeitet werden. 

Wenn der Ernstfall eintritt – Schadensabwicklung bei der SERV

Was passiert, wenn es trotz aller vorbeugender Massnahmen zu einem Zahlungsausfall kommt? Dann prüft die SERV – wie jede andere Versicherung auch – den Sachverhalt und den Entschädigungsantrag mit den entsprechenden Nachweisen. Ausserdem prüft sie, ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine Entschädigung vorliegen. 

Laut Meike Liatowitsch und Claudia Oberle sind die wesentlichen Entschädigungsvoraussetzungen, dass eine rechtsbeständige, fällige Forderung gegenüber dem ausländischen Käufer besteht und keine Einreden oder Einwendungen, also Mängel, seitens Schuldner geltend gemacht werden. Zudem muss die Forderung durchsetzbar sein. Wenn die Prämie vollständig bezahlt ist und alle weiteren Entschädigungsvoraussetzungen erfüllt sind, erstellt die SERV einen Schadenprüfbericht, holt die Genehmigung der entsprechenden Kompetenzträger ein und zahlt die Entschädigung zeitnah aus. 

Wenn Rückforderungen zur Herausforderung werden – Einblicke ins Recovery der SERV

Nach der Entschädigung folgt die Phase des Recovery. «Die SERV hat einen langen Atem, aber wir können und wollen auch nicht auf das Geld verzichten, da die SERV ihrer Verpflichtung zur Eigenwirtschaftlichkeit nachkommen muss», so die Recovery-Verantwortliche Claudia Oberle. «Gemeinsam mit dem versicherten Unternehmen – dem Exporteur oder der Bank – versuchen wir, das Geld vom ausländischen Schuldner zurückzuerhalten.» 

Neben den klassischen Mahn- und Inkassomassnahmen gibt es eine ganze Palette möglicher Recovery-Massnahmen. Dazu zählen zum Beispiel Rückzahlungsvereinbarungen mit dem Schuldner für eine langfristig tragbare Rückzahlung der ausstehenden Forderungen. «Da, wo es möglich ist, suchen wir aussergerichtliche Lösungen statt langwieriger rechtlicher Verfahren. In manchen Fällen ist auch der Einbezug von internationalen Recovery-Agenturen hilfreich», ergänzt Claudia Oberle.

Die Vielfalt der Risiken 

Besonders herausfordernd wird es, wenn Rechtsrisiken hinzukommen und wenn der ausländische Schuldner zahlungsunwillig ist und sich nicht mehr meldet. «Unterschiedliche Rechtssysteme, unklare Vertragsformulierungen oder lokale Gesetzgebungen können den Rückforderungsprozess erschweren. Hier helfen uns Erfahrungen, Fingerspitzengefühl und unser internationales Netzwerk, um Rückforderungen erfolgreich durchzusetzen», unterstreicht die Rechtsexpertin Meike Liatowitsch.

Nicht zuletzt spielen auch politische Risiken eine Rolle, etwa wenn Sanktionen, Währungskontrollen oder politische Instabilität Zahlungen erschweren oder gar unmöglich machen. Solche Risiken sind zwar bei der SERV versichert, können das Recovery aber natürlich zusätzlich erschweren oder sogar unmöglich machen. 

«Es besteht immer auch die Gefahr, dass ein Regressanspruch nicht bedient wird und die Forderung am Ende des Recovery-Verfahrens abgeschrieben werden muss», erklärt Meike Liatowitsch. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn sie infolge eines Insolvenzverfahrens oder eines Konkurses nicht erfüllt werden könne oder wenn andere Umstände eine Zahlung definitiv unmöglich machen. 

«Die Abschreibung einer Forderung ist die Ultima Ratio», betont Claudia Oberle. «Die SERV hat Durchhaltevermögen und wir geben nicht auf, solange wir noch eine Chance sehen, das Geld zurückzubekommen.»  

«Wir haben immer von Risiken gesprochen, aber unsere grösste Stärke ist die Zusammenarbeit – nicht nur innerhalb der SERV, sondern vor allem mit unseren Versicherungsnehmenden, Experten und im Austausch mit anderen Exportrisikoversicherungen, die das Recovery unterstützen können», fassen Claudia Oberle und Meike Liatowitsch zusammen.

Risiken erkennen. Verantwortung tragen. Für den Schweizer Export.

Liquiditätsschwierigkeiten, Zahlungsunwilligkeit oder politische Risiken in den Zielmärkten: Die SERV beschäftigt Expertinnen und Experten aus den Bereichen Recht, Schaden- und Forderungsmanagement. Gemeinsam und mit Ausdauer identifizieren sie komplexe Risiken und finden Lösungen für die Schadensabwicklung und das Regressmanagement.